Das Wort des Großscheichs Prof. Dr. Ahmed El-Tayyeb in der Sitzng des Weisenrates der Muslime in Kairo – November 2015

  • | Tuesday, 24 November, 2015
Das Wort des Großscheichs Prof. Dr. Ahmed El-Tayyeb in der Sitzng des Weisenrates der Muslime in Kairo – November 2015

- Nur Allah weiß, in welche Richtung die nahe Zukunft der Menschheit unter diesen Banden des Todes, Maklern des Bösen und des Blutes gehen würde.  

- Der Terrorismus ist eine geistliche und psychische Erkrankung, für dessen Fortbestehen die Terroristen immer nach Rechtfertigungen in den mehrdeutigen religiösen Texten suchen.

-Die Motive zum Terrorismus beschränken sich nicht nur auf die sich von Religion abweichenden und betrügerischen Verständnisse, vielmehr ergibt sich der Terrorismus auch aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen sowie politischen Tendenzen.

- Der Terrorismus hat keine bestimmte Religion und keine bestimmte Identität.

- Es ist offensichtlich falsch und ungerecht, all diese Verbrechen, Bombardierung und Zerstörung, die überall verbreitet sind, dem Islam zuzuschreiben.

-Die Gerechtigkeit und Objektivität erfordern die Trennung zwischen dem Islam, seinen Ansätzen, seiner Kultur sowie Zivilisation und dieser kleinen Minderheit, die keine ganze Zahl der friedlichen und weltoffenen Muslime aus aller Welt darstellen.

- Denjenigen, die das Verbrechen begangen, Koranexemplare und Moscheen in westlichen Ländern zu brennen, muss bekannt sein, dass solche Taten als Terror über alle Maßen angesehen werden. Sie dienen als Brennstoff für den Terror, unter dem wir alle leiden.

-Das Versiegeln der Quellen des terroristischen Denkens muss durch ein integriertes System durchgeführt werden, das Bildung, Kultur, Junge, Massenmedien und einen religiösen Diskurs umfasst, der den wahren Islam und seine Lehren bzw. seine Scharia darstellt.

- Den azharitischen Nachwuchsgelehrten beider Geschlechter, die die Friedensdelegationen, die der Weisenrat der Muslime nach elf europäischen, amerikanischen, asiatischen und afrikanischen Ländern schickte, geführt haben sind zu verdanken.

 

 

Wortlaut des Wortes

Im Namen Allahs des Gnädigen des Barmherzigen

Aller Lob und alle Dankbarkeit gebührt Allah, Segen und Frieden auf den Propheten der Barmherzigkeit, den Gesandten des Friedens, Mohammed Ibn Abdullah, seine Familie und seine Gefährten.

Sehr geehrte Weisen der Muslime

Friede sei auf euch

Erlauben Sie mir zuerst, unser Treffen diesmal mit der Rede über die Katastrophe des Terrors zu beginnen, unter der die ganze Welt zurzeit leidet. Der Terrorismus erreichte viele weit entfernte Orten und Länder, mit denen wir nicht einmal gerechnet haben.

Dieser schwarze Terrorismus erreichte Libanon, Land des Arabismus und der Koexistenz; in der vergangenen Woche schlag er die französische Hauptstadt Paris, Stadt der Wissenschaft und Kultur. Er ermordete mehr als 100 ihrer Söhne und Töchter und verletzte hunderte von den besten Jungenden und Bürgern, von denen viele im kritischen Fall sind und zwischen Leben und Tod liegen. Stellt Euch vor, wie jetzt viele französische Familien, Häuser, Kinder und Frauen in der Hölle, Elend und Traurigkeit leben, nachdem sie die Sicherheit, den Frieden, die Stabilität, und Hoffnung auf bester Zukunft genossen haben. Alles hat sich im Augenblick geändert. Diese unschuldigen Menschen begangen keine Sünde, für die sie mit Katastrophen, Tod und Zerstörung zu bestrafen sind.

Sobald wir die Katastrophe von Paris hinter uns hatten, kam das Unglück von der Republik Mali, bei dem einige Geiseln ermordet wurden. Nur Allah weiß, in welche Richtung die nahe Zukunft der Menschheit unter diesen Banden des Todes, Maklern des Bösen und des Blutes gehen würde.  

Wir dachten, dass alle Zerstörungen, unter denen wir, die Araber und Muslime im Osten gelitten haben, und die nicht nur Menschen sondern auch Altertümern Schaden zugefügt haben, das Ende der Tragödie wäre. Wir dachten auch, dass die Zerstörung gesamter arabischer und muslimischer Länder über den Köpfen ihrer Einwohner, sowie die Vertreibung und die ziellose Wanderung der Menschen in Ödland und Meere alles wären, was uns die Tage und Nächte verbargen. Wir sind aber davon überrascht, dass der Terror sich im Westen, Norden und Süden ausbreitet, wie er sich früher im Osten ausbreitete. Jetzt wäre es notwendig zu wissen, dass der Terrorismus in erster Linie eine Ideologie und Überzeugung ist. Ich würde nicht übertreiben, wenn ich sage, dass der Terrorismus zu einer Lebensphilosophie wurde, für deren Erhaltung die Terroristen den Anderen Leben berauben aber auch sich selbst ermorden können. Der Terrorismus ist kein Produkt einer himmlischen Religion, sondern eine geistliche und psychische Erkrankung, für dessen Fortbestehen sie immer nach Rechtfertigungen suchen, sowohl in den mehrdeutigen religiösen Texten als auch in den Deutungen der Exegeten sowie in den Betrachtungen der Interpreten. Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart ist erwiesen, dass sich die Motive zum Terrorismus nicht nur auf die sich von Religion abweichenden und betrügerischen Verständnisse beschränken, vielmehr ergibt sich der Terrorismus auch aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen sowie politischen Tendenzen. Als Konsequenz des Konfliktes unter diesen Tendenzen und materiellen Philosophien, die überhaupt keinen Bezug zu einer Religion haben, sind tausende aber Millionen von Opfern und Unschuldigen ums Leben gekommen.

Was wir alle jetzt verstehen sollen, vor allem in diesen schwierigen Umständen, ist, dass der Terrorismus keine bestimmte Religion und keine bestimmte Identität hat. Es ist deswegen offensichtlich falsch und ungerecht, all diese Verbrechen, Bombardierung und Zerstörung, die überall verbreitet sind, dem Islam zuzuschreiben, nur weil die Täter beim Verüben solcher Gräueltaten, die Schauder in den Körper auslösen, "allahuakbar" aussprechen.

Während wir hier in dem Weisenrat und in der Al-Azhar die Familien der Opfer in Europa und Afrika trösten und Ihnen Beileid aussprechen, erwarten wir von allen Menschen, vor allem den Denkern, Intellektuellen, Politikern und Religionsleuten, sich durch die Grausamkeit solcher Ereignisse von der Gerechtigkeit und Objektivität nicht ablenken zu lassen. Sie müssen nämlich zwischen dem Islam, dessen Ansätzen, Kultur und Zivilisation auf einer Seite und dieser kleinen Minderheit, die kein Prozent der friedlichen, weltoffenen Muslime aus aller Welt darstellen, auf anderer Seite trennen müssen. Wir, Muslime, erlebten und erleben noch diese Terroranschläge, die gegen uns durch Armeen und Bänder im Namen der Religion verübten. Unser Blut wurde und wird noch bis zum Moment, in dem ich Sie anspreche, vergossen.

Niemals verwechselten die Muslime diese Verbrechen mit den Religionen, in deren Namen diese Verbrechen begangen wurden. Denjenigen, die das Verbrechen begangen, Koranexemplare und Moscheen in westlichen Ländern brennen, muss wahrnehmen, dass solche Taten als Terror über alle Maßen angesehen werden. Sie dienen als Brennstoff für den Terror, unter dem wir alle leiden. Es wird nicht erwartet, dass diejenigen, die sich die Zivilisation und der Fortschritt in Anspruch nehmen, die Heiligtümer der anderen in der Öffentlichkeit zu verschämten.

Sehr geehrte Weisen:

Es ist an der Zeit, in der wir diese Last, die von einem Tag zu einem anderen schwerer wird, tragen müssen. Das ist Euer und unser Schicksal. Unsere Mission ist sehr kompliziert geworden und hat jetzt verschiedene Dimensionen. Wir sind jetzt dazu verpflichtet, die Feuer zu löschen und die Unruhen in den Krisenherden unserer islamischen und arabischen Welt zu beenden.

Die Präsenz des sehr geehrten Bruders, der Somalier Stiftungsminister Herr Abd El-Qader Scheich Ali Ibrahim, unter uns heute wäre dafür eine gute Gelegenheit, dass wir erstens unsere Engagement für die Vereinigung Somalia und die Überwindung ihrer Krise richten. - Eine Krise, die ohne vernünftigen Grund lange Zeit dauerte, und für die die Armen und einfachen Menschen dieses vornehmsten Volks die Kosten bezahlt haben. Wir reden hier über ein Volk, das dazu qualifiziert ist, ein Leuchtturm für Kultur, Fortschritt und Frieden in der Nation am Horn Afrikas zu sein.

Zweitens richten wir unsere Bemühungen auch zur Bekämpfung des Terrorismus in all seinen Formen. In diesem Zusammenhang rufen wir die Eliten der arabischen und islamischen Nation, jeder in seinem Bereich, dazu auf, die Quellen dieses terroristischen Denkens auszutrocknen und zwar durch ein integriertes System, das Bildung, Kultur, junge Leute, Massenmedien und noch einen religiösen Diskurs umfasst, der den wahren Islam und seine Lehren bzw. seine Scharia a zum Ausdruck bringt.

Drittens überwinden wir die Hasskultur und bereiten die Kultur der Liebe, Bruderschaft und der internationalen Partnerschaft aus, zu der der Ex-Scheich von Al-Azhar Moschee Mohammed Mostafa Al-Maraghi in einer berühmten Brief an das Forum der Gelehrten für Religionswissenschaften in London im 1936 aufrief.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei den azharitischen Nachwuchsgelehrten beider Geschlechter, die die vom Weisenrat der Muslime nach elf europäischen, amerikanischen, asiatischen und afrikanischen Ländern geschickten Friedensdelegationen geführt haben, bedanken.

Heute wird der Weisenrat der Muslime, so Allah will, noch weitere sechzehn Friedensdelegationen rund um die Welt schicken, um die Friedenskultur zu verbreiten und die irrführenden Bedeutungen mancher Begriffe zu korrigieren. Sie alle erheben ein einziges Motto und zwar (Alle Völker der Welt sind in der Menschheit ebenbürtig, und sie alle haben das Recht darauf, in Sicherheit und Frieden zu leben)

Diese religiösen, moralischen und menschlichen Aufgaben, die die heutige Lage dem Weisenrat zur Pflicht macht, betrachte ich als dringende Aufgaben, bei deren Erfüllung man nicht verzögern darf. Wir arbeiten mit Segen Allahs und hoffen auf seine Hilfe. Unser Genüge ist Er, und wie trefflich ist Er als Sachwalter.  

 

 

 

 

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