Zusammenfassung der Erklärung des Großimam von Al-Azhar, Prof. Dr. Ahmed Al-Tayyib über das auf dem Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) beruhende Recht der Ehefrau auf einen Anteil am Vermögen ihres Mannes
- Al-Azhar spielt im Lauf seiner tausendjährigen Geschichte eine führende Rolle bei der Darstellung des islamischen Erbgutes sowie bei der Erneuerung des religiösen Denkens, wobei sie immer die neu aufgetauchten Umstände berücksichtigt.
- Mit kadd und siʿāyah-Recht meint man das Recht der Frau auf einen Anteil am Vermögen ihres Ehemannes, wenn sie durch Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) an der Entwicklung dieses Vermögens teilnimmt.
- In einer Fernsehsendung im Jahr 2019 rief der Großimam, Prof. Dr. Ahmed Al-Tayyib dazu auf, das Recht der Frau auf einen Anteil am Vermögen ihres Mannes auf Grundlage ihres Engagements und ihres Strebens zu bewahren, was im islamischen Rechtstradition als kadd und siʿāyah (Fleiß und Streben) bekannt ist. Ein Jahr später wiederholt seine Eminenz den gleichen Aufruf, und zwar in der Konferenz zur Erneuerung des religiösen Denkens, in dem er sagte: Wer an der Entwicklung des Familienvermögens mitwirkt, muss entschädigt werden, wie die Ehefrau, die ihr Geld mit dem Geld des Ehemannes vermischt, und die Kinder, die mit dem Vater im Handel arbeiten und dergleichen , so dass das, was ihrem Recht entspricht, vom Nachlass genommen wird, bevor es aufgeteilt wird.
- Das auf dem Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) beruhende Recht der Frau auf einen Anteil am Vermögen ihres Mannes ist auf islamische Belege zurückzuführen. Diese Belege bestätigen die Rechte der finanziellen Unabhängigkeit der Frauen in der islamischen Scharia. Im Koran steht: „Den Männern kommt ein Anteil von dem zu, was sie verdient haben, und den Frauen kommt ein Anteil von dem zu, was sie verdient haben“ (Sure 4: 32). Es wurde auch überliefert, dass der zweite Khalif Umar Ibn Al-Khattab einer Frau ihren Anteil am Vermögen ihres Mannes gab, weil sie an seinem Wachstum beteiligt war. Viele Rechtsgelehrten vor allem die Rechtsgelehrten der malikitischen Rechtsschule haben dieses Prinzip im Laufe der islamischen Geschichte praktiziert.
- Kadd und Siʿāyah Prinzip beschränkt sich nicht auf Recht der Ehefrau auf einen Anteil am Vermögen ihres Mannes, sondern umfasst Rechte jeder Person, die an Wachstum eines Vermögens teilnimmt, wie der Sohn, die Tochter oder irgendein Mitglied der Familie.
- Die Ehefrau verdient das auf dem Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) beruhende Recht auf einen Anteil am Vermögen ihres Mannes, wenn sie am Wachstum des Besitzes durch Arbeit, Finanzierung oder Beides teilnimmt. Z. B., wenn die Ehefrau mit ihrem Mann selbst arbeitet, oder wenn sie ihm Geld aus ihrem eigenen Vermögen, ob Gehalt, Erbe, Schmuck, Brautgeld o. ä. gibt.
- Der aus dem Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) entstehende Anteil ist nicht nur auf die Hälfte oder ein Drittel beschränkt, sondern richtet sich nach der Leistung und der Mitarbeit. Er könnte daher mehr oder weniger, und zwar gemäß der Beteiligung und Bemühung der Frau bei Entwicklung des Vermögens. Die Frau hat genauso das Recht diesen Anteil zu beanspruchen oder darauf zu verzichten.
- Es gehört zur Gerechtigkeit und den guten Tugenden des Ehemannes, dass er seiner Frau ihren auf dem Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) beruhenden Anteil am Vermögen zu seinen Lebzeiten gibt, damit sie diesen Anteil als ihren selbstständigen Besitz bewahrt.
- Der Ehefrau steht zu, ihr Recht auf einen Anteil am Vermögen ihres Ehemannes in einem Vertrag zu dokumentieren.
- Das auf dem Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) beruhende Recht der Frau auf einen Anteil am Vermögen ihres Mannes hängt nicht vom Tod ihres Mannes oder vom Ende der ehelichen Beziehung ab. Dieses Recht gehört ihr auch im Leben ihres Mannes und auch wenn die eheliche Beziehung immer noch besteht. Sie kann ihren Anteil sofort nehmen oder darauf verzichten. Denn dieses Geld ist grundsätzlich ihr eignes Vermögen, und sie lässt es ihrem Mann für das gemeinsame Wohl der Familie.
- Die Frau bekommt zuerst ihren aus dem Engagement und Streben (kadd und siʿāyah) entstehenden Anteil am Vermögen ihres verstorbenen Mannes vor Austeilung des Erbes und dann bekommt sie auch ihren Anteil am Erbe, also ein Viertel des Erbes, wenn der Mann keine Kinder hat oder das Achtel, wenn der Mann Kinder hat.
- Zu Kadd und Siʿāyah gehört nicht die alltägliche Arbeit der Frau im ehelichen Haus, da der Mann arbeitet außerhalb des Hauses, um für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen, und die Frau führt den Haushalt für die Ruhe der Familie.