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Al-Azhar-Erklärungen
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Al-Azhar-Erklärungen

Al-Azhar-Erklärungen
Vorwort

Alles Lob gebührt Allah, Segen und Frieden mit Seinem Gesandten Muhammad!

Al-Azhar stellt die nationale Führungsplattform Ägyptens dar im Laufe der Geschichte. Sie ist das Gewissen der muslimischen Nation, das ihren Schmerz fühlt, ihre Ambitionen ausdrückt und ihre Rechte verteidigt. Sie ist auch der solide Leuchtturm der arabischen und islamischen Kultur mit ihrem reichen Erbe und ihrer originalen, moderaten Ausstrahlung auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene.

Auf der Grundlage all dieser Erwägungen forderte Al-Azhar einen zivilisierten Dialog zwischen der muslimischen Nation und allen anderen Nationen der Welt, um gegenseitigen Nutzen und den höchsten menschlichen Interessen zu entsprechen. Der Dialog zielt auf ein internationales Kennenlernen ab, das in der folgenden Koranstelle angegeben ist: „O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Gewiss, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch. Gewiss, Allah ist Allwissend und Allkundig.“ (Sure 49:13). Allerdings lehnt Al-Azhar alles ab, was auch immer die Quelle ist, was die islamische Nation oder die Scharia beeinträchtigt. Darüber hinaus bemüht sich Al-Azhar darum, die nicht-konstruktiven Praktiken durch den Dialog mit den verschiedenen Parteien zu korrigieren.

Infolgedessen hat Al-Azhar alle vorherigen  Dialogvereinbarungen, die mit einigen Gremien getroffen wurden, überprüft, korrigiert und unter Berücksichtigung dieser Kriterien neu formuliert.

In ihrer neuen Ära hat Al-Azhar begonnen, ihre Vorstellung vom Dialog, dessen Parteien, Bedingungen und Prinzipien zu modifizieren. Man konzentrierte sich zunächst auf den Al-Azhar-Dialog auf allen Ebenen, dem ägyptisch-ägyptischen, arabisch-arabischen und islamisch-islamischen Dialog. Derzeit wurde der Dialog zu einer Initiative der Al-Azhar , anstatt nur eine offizielle Form von Maßnahmen zu sein, durch äußere Bedingungen und Kriterien auferlegt. Dabei geht Al-Azhar von einem etablierten Dialoghintergrund aus, der sich auf den Koran und die Sunna sowie die Kontexte der islamischen Kultur in ihrer Blütezeit stützt.

Da die Bildung der Kern der Al-Azhar-Botschaft ist, so begann sie vor zwei Jahren den Prozess, die Lehrpläne der Al-Azhar zu verbessern. Dazu wurde eine Sektion für islamische und arabische Studien im Al-Azhar-Abitur gegründet, um SchülerInnen für Fakultäten, die sich mit islamischen und arabischen Studien beschäftigen, zu qualifizieren. Das Studium in dieser Sektion basiert auf den Al-Azhar-Lehrplänen, die für Mäßigung und Objektivität bekannt sind und dazu beigetragen haben, herausragende Azhar-Gelehrte zu bilden, wie z. B. Šaltūt, al-Maraġī, Drāz, ʿAbdul-Rāziq, ʿAbdul-Ḥalīm, aš-Šaʿrāwī und Muḥammad al-Ġazālī (Allah erbarme Sich ihrer).

Dies erfolgte kurz vor dem Ausbruch der ägyptischen Revolution am 25. Januar 2011. Danach hat das Revolutionsklima dazu beigetragen, weitere Reformen und Fortschritte zu machen. Damit hat sich der Umfang der Arbeit erweitert und  die Rollen haben sich vervielfacht, aber alle sind darauf gerichtet, zwei Hauptziele zu erreichen. Das erste Ziel ist die innere Reform der Azhar durch die Reform der universitären und voruniversitären Lehrpläne. Dies stellt ein primäres und vorrangiges Ziel für die Azhariten und für alle Ägypter im Allgemeinen dar. Das zweite Ziel ist die Verwirklichung der allgemeinen nationalen und islamischen Rolle, die alle Azhariten von ihrer hervorragenden Institution auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene erwarten.

Al-Azhar-Scheichtum begrüßt diese Erwartung der öffentlichen Meinung. So überging Al-Azhar die weit verbreitete Kontroverse und lud eine Gruppe ägyptischer Intellektuelle ein, die die intellektuellen Spektren der ägyptischen Gemeinde repräsentierten. Sie sollten mit einer prominenten Gruppe von Al-Azhar-Gelehrten zusammenarbeiten, die aktuelle Situation zu untersuchen, die Entwicklungen und Bedürfnisse der Revolution zu verfolgen und sich über legitime Prinzipien, die für diese Intellektuellen akzeptabel sind, zu verständigen. Die Grundsätze sollten auf die Anforderungen der ägyptischen Situation reagieren und eventuell ein Modell werden, das von einigen muslimischen Gemeinschaften nach ihrem Willen und ihren Bedingungen verfolgt werden kann.

Diese gemeinsamen wissenschaftlichen und intellektuellen Bemühungen und diese vertieften und andauernden Dialoge, die sich über mehrere Monate fortsetzten, führten zu diesem Zeitpunkt zu einer Erstellung dieser Dokumente, die wir heute dem arabischen Leser vorstellen:

Erstens: Das Dokument des staatlichen Grundgesetzes, das die Beziehung zwischen Herrscher und Beherrschten regelt, die Rechte und Pflichten bestimmt, die populäre demokratische Teilnahme an der Herrschaft organisiert und die grundlegenden legitimen Merkmale des Staates, die unsere Nation zufriedenstellen und die zeitgenössischen Bedürfnisse verwirklichen, veranschaulicht.

Die intellektuelle Debatte ist zum Schluss gekommen, dass der Staat „nationaldemokratisch, verfassungsmäßig und modern“ ist. Die Moderne bedeutet, die Trennung von Exekutiv-, Legislativ- und Justizbefugnissen zu bewahren. Dieses Dokument wurde am 17. Raǧab 1432 n. H / 19. Mai 2011 erlassen und fand großes Echo durch die verschiedenen wissenschaftlichen und politischen Kreise, die sehr optimistisch waren, so dass die konstitutionellen Beratungsgremien dieses Dokument beim Festlegen der Staatsverfassung beachten würden.

Die zweite Erklärung: Sie wurde verlautbart,  als es in der ägyptischen Gemeinschaft dringend nötig war, eine Referenzaussage von der Al-Azhar zu erlassen, um die Grundfreiheiten zu gewährleisten, die die Angelegenheiten der freien Gesellschaft regeln sollten, in der die Ägypter leben wollen. Sie regelt auch die mit diesen Freiheiten verbundenen Pflichten und den Rechtsrahmen, die sich beide aus den Zielen der Scharia ergeben. Daher wurde das zweite Dokument zwei Monate nach dem ersten veröffentlicht, um die Bedürfnisse des Revolutionsklimas in Ägypten nach der beispiellosen Reaktion auf das erste Dokument zu erfüllen.

Das zweite Dokument beinhaltet das scharia-rechtliche, philosophische und konstitutionelle Fundament der Freiheit des Glaubens, der wissenschaftlichen Forschung und der literarischen und künstlerischen Kreativität. Ferner betrifft es alle Angelegenheiten, die diese Freiheiten sicherstellen, einschließlich der Meinungsfreiheit, die als das Wesen der verschiedenen Aspekte der verantwortungsvollen Freiheit betrachtet wird.

Alsdann sind in Verbindung mit der Ausbreitung des „Arabischen Frühlings“ und der Verschärfung der politischen Bewegung in anderen arabischen Ländern neben Ägypten und Tunesien, wie im Jemen, Libyen und Syrien, neue Umstände entstanden. Die gesamte arabische Region reagierte auf die Leiden der Völker aufgrund der Sturheit der herrschenden Regime. Daher war es notwendig, dass Al-Azhar ihre Unterstützung für die revolutionären Völker bekannt gibt. So hat die Gruppe der Intellektuellen und Gelehrten eine dritte Erklärung formuliert, die sich auf die Unterstützung des Willens der arabischen Völker bezieht. Al-Azhar erklärte darin, dass die Legitimität eines jeden Herrschers gefallen sei, wenn er das Blut seines Volkes unrechtmäßig vergießt, solange die Revolution in einer friedlichen Weise erfolgt und die Bestrebungen der Völker, nicht die Ambitionen der fremden Kräfte, die böswillig die Araber und Muslime beschädigen, darstellt. Die Erklärung wurde am 3. Ḏul-Hiǧa 1432 n. H / 30. Dezember 2011 erteilt.

Als die Diskussionen sich verschärften, eine scharfe Polarisierung zwischen den ägyptischen Nationalkräften auftauchte und die Revolution im Zuge der Intervention durch unverantwortliche Elemente in Gewalt geriet, hat Al-Azhar eine wichtige Erklärung über „Vervollständigung der Ziele der Revolution und Wiederherstellung ihres friedlichen Geistes“ herausgegeben. Die Erklärung wurde gemeinsam von dem Großscheich der Al-Azhar, dem verstorbenen Papst Schenuda III. von Alexandrien, dem Ministerpräsidenten und Vertretern aller religiösen, intellektuellen und politischen Parteien und Gruppen am 17. Safar 1433 n. H / 11. Januar 2012 erlassen. Infolgedessen sind die Spannungen gesunken, und die nationale Gemeinschaft schaffte es, das Dilemma der Zerstreuung zu überspringen, um die Gefahren der Gewalt zu vermeiden. Gott sei Dank!

Dann veröffentlichte Al-Azhar die fünfte und letzte Erklärung über „al-Quds= Jerusalem“, als der usurpierende Feind seine illegale Judaisierung der heiligen Stadt und des heiligen Ortes, der die erste muslimische Gebetsrichtung, die dritte heilige Moschee und das Ziel der Nachreise und der Himmelsfahrt des Propheten Muhammads darstellt, eskalierte. Diese Erklärung bestätigte, dass al-Quds ein arabisches Gebiet seit  sechzig Jahrhunderten ist. Die Erklärung beleuchtete auch die Aggressionen, denen die heilige Stadt unterworfen war, worauf die Araber und Muslime bedacht waren, sie zu verteidigen und sie für andere Religionen und Lehren unter arabischer und islamischer Souveränität offen zu halten. Darüber hinaus zeigte das Dokument, dass die Zionisten das Schicksal ihres bedrückenden Staates, der durch Waffengewalt in der Region eingesetzt wurde, riskieren und zwar als Folge ihrer aggressiven Politik gegenüber der heiligen Stadt. Diese Erklärung wurde am 24.Ḏul-Hiǧa 1433n. H / 20. November 2011 veröffentlicht.

Al-Azhar-Scheichtum glaubt, dass das Dokumentieren dieser historischen fünf Erklärungen das Erbe der ägyptischen Revolution einerseits bewahrt und andererseits für die Generation der Revolution, die an der Erteilung dieser Erklärungen nicht teilgenommen hat, vorteilhaft sein könnte. Es könnte auch für den arabischen Leser vorteilhaft sein, der eine wirkliche Reform anstrebt, die die Säulen und Komponenten der Gemeinschaft etabliert und ihre kulturelle und religiöse Identität bewahrt. Diese Reform sollte auf den in der ganzen Welt herrschenden Geist reagieren und der Gemeinschaft derjenigen, die den alleinigen Gott verehren, im ersten Drittel des fünfzehnten Jahrhunderts n. H. angemessen sein.

„Und Allah ist in Seiner Angelegenheit überlegen. Aber die meisten Menschen wissen nicht.“ (Sure 12:21)

Al-Azhar-Scheichtum

4. Ǧumād al-Awwal 1433 n. H/27. März 2012

Ahmad At-Tayyeb

Großscheich der Al-Azhar

 

 

Im Namen Gottes des Gnädigen, des Barmherzigen

 

Amt des Großimams
 der Al-Azhar

Erklärung der Al-Azhar und einer ausg cewählten

Gruppe von Intellektuellen zur Zukunft Ägyptens

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Auf dankenswerte Initiative Seiner Spektabilität Prof. Dr. Ahmad Al-Tayyeb, des Großimams der Al-Azhar, kam eine Gruppe von ägyptischen Intellektuellen unterschiedlicher geistiger und religiöser Zugehörigkeit mit einer Anzahl renommierter Wissenschaftler und Denker an der ehrwürdigen Al-Azhar zusammen. Während mehrerer Sitzungen erörterten sie miteinander die Erfordernisse des entscheidenden historischen Augenblicks, den Ägypten seit der Revolution vom 25. Januar 2011 durchlebt, und seine Bedeutung für die Gestaltung der Zukunft Ägyptens im Hinblick auf ihre hehren Ziele und das Recht des ägyptischen Volkes auf Freiheit, Würde, Gleichheit und soziale Gerechtigkeit.

Die Versammelten stimmten überein, dass der Weg des Vaterlandes auf umfassenden Prinzipien und allgemeingültigen Regeln gegründet sein muss, die von allen Kräften der ägyptischen Gesellschaft diskutiert werden und deren Entwicklung in sinnvollen Schritten einsichtig sein soll, um am Ende zu den gedanklichen Rahmen zu gelangen, die die Fundamente der Gesellschaft und ihren rechten Weg bestimmen.

In allseitiger Anerkennung der führenden Rolle der Al-Azhar bei der Herausbildung eines mittleren, richtigen islamischen Denkens bestätigen die Versammlungsteilnehmer die Wichtigkeit der Al-Azhar und ihre Einschätzung als wegweisender Leuchtturm, der den Weg beleuchtet und der bei der Bestimmung des Verhältnisses von Staat und Religion und bei der Klärung der Grundlagen der Politik des zu befolgenden richtigen islamischen Rechtes um ein Urteil ersucht wird; gestützt auf ihre akkumulierte Erfahrung und auf ihre wissenschaftliche und kulturelle Geschichte, die auf folgenden Dimensionen beruht:

1- Die juristische Dimension der islamischen Pflichtenlehre bei der Pflege und Erneuerung der religiösen Wissenschaften gemäß der Rechtsschule der Sunniten, die sich sowohl auf die Vernunft wie auch auf die Überlieferung stützt und die anerkannten Regeln der Exegese religiöser Texte aufzeigt.

2- Die historische Dimension der ruhmreichen Rolle der Al-Azhar bei der Führung der nationalen Bewegung zu Freiheit und Unabhängigkeit.

3- Die zivilisatorische Dimension der Pflege der verschiedenen Natur- und Geisteswissenschaften und der Künste in ihrer fruchtbaren Vielfalt.

4- Die praktische Dimension bei der Führung der Gesellschaftsbewegung und bei der Prägung von Meinungsführern im ägyptischen öffentlichen Leben.

5- Die Dimension, die die Wissenschaft, die Führung, die geistige Erneuerung und die Kultur in den arabischen Ländern und der islamischen Welt vereint.

 

Die Versammelten waren darauf bedacht, sich in ihrer Diskussion vom Geist des Erbes herausragender Koryphäen des Denkens, der geistigen Erneuerung, des Fortschritts und der Reform an der Al-Azhar inspirieren zu lassen; angefangen beim Großmufti Scheich Hasan Al-Attar und seinem Schüler Rifaa at-Tahtawi bis hin zu dem Imam Muhammad Abduh, seinen Schülern und Lehrautoritäten unter ihren Theologen wie Al-Maragi, Mohammad Abdallah Dras, Mustafa Abdalrasiq, Schaltut und anderen islamischen Professoren und Theologen bis zum heutigen Tage.

Gleichzeitig wurden die Versammelten auch durch die Leistungen großer ägyptischer Intellektueller inspiriert, die an der kulturellen und menschlichen Entwicklung beteiligt waren und zur Formierung des modernen ägyptischen und arabischen Geistes in seiner immer neu auflebenden geistigen Erneuerung beitrugen, von Denkern und Wissenschaftlern in den Bereichen Philosophie, Recht, Literatur, den Künsten und anderen Wissensbereichen, die das Denken, das Gefühl und das allgemeine Bewusstsein prägten. Sie strengten sich in all diesen Bereichen an und konzentrierten sich darauf, gemeinsame Nenner untereinander zu finden; jene gemeinsamen Nenner, die auf die hohen Ziele gerichtet sind, die alle Vernunftbegabten und Weisen der Nation gutheißen und die im Folgenden aufgeführt sind:

Die Bestimmung der herrschenden Prinzipien für das Verständnis der Beziehung des Islams zum Staat in der gegenwärtigen kritischen Lage, und dies im Rahmen einer Strategie der Übereinstimmung, die die Form des angestrebten zeitgemäßen Staates und das Regierungssystem in ihm vorzeichnet und die Nation auf den Weg des zivilisatorischen Fortschritts bringt, was den Prozess des demokratischen Wandels verwirklicht, soziale Gerechtigkeit garantiert, für Ägypten den Eintritt in das Zeitalter der Wissensproduktion und der Sicherung von Wohlstand und Frieden 3 gewährleistet. Dies geschieht unter Wahrung der geistigen und menschlichen Werte und des kulturellen Erbes, und zwar, um die islamischen Prinzipien, die im Bewusstsein der Nation und im Gewissen der Wissenschaftler und Denker verwurzelt sind, vor Nichtbeachtung, Entstellung, Übertreibung und Missdeutung zu schützen und sie vor Ausnutzung seitens verschiedener abweichlerischer Strömungen zu bewahren, die womöglich konfessionelle oder ideologische Parolen erheben, die im Widerspruch zu den Gewissheiten und Gemeinsamkeiten unserer Nation stehen, vom Weg der Mäßigung und der Mitte abweichen, dem Wesen des Islams im Hinblick auf Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit widersprechen und sich von der Toleranz aller monotheistischen Religionen entfernen.

Von daher verkünden wir, die hier Versammelten, unsere Übereinstimmung mit den folgenden Prinzipien zur Bestimmung der Natur der leuchtenden islamischen Autorität, die grundsätzlich in einigen umfassenden Fragen repräsentiert ist, die aus den religiösen, nach Zuverlässigkeit und Sinn definitiv entschiedenen Texten entnommen sind, die Ausdruck des richtigen Verständnisses der Religion sind und die wir in den folgenden zentralen Punkten zusammenfassen:

1. Unterstützung der Gründung eines nationalen, konstitutionellen, demokratischen und modernen Staates, der sich auf eine Verfassung stützt, welcher die Nation zustimmt, und in dem die Staatsgewalten von den juristischen Institutionen getrennt sind. Die Verfassung legt die Regierungsform fest, garantiert die Rechte und die Pflichten aller Individuen des Staates auf der Basis der Gleichheit, wobei die Gewalt der Gesetzgebung den Volksvertretern vorbehalten ist, was mit dem richtigen islamischen Konzept übereinstimmt. Denn der Islam kannte weder bei seiner Gesetzgebung noch in seiner Zivilisation oder in seiner Geschichte das, was in anderen Kulturen als geistlicher Staat bezeichnet wurde, der die Menschen beherrschte, worunter die Menschheit in einigen Epochen der Geschichte litt. Vielmehr überließ der Islam den Menschen die Verwaltung ihrer Gesellschaften und die Auswahl der Methoden und der Institutionen, die ihre Interessen verwirklichen, unter der Bedingung, dass die umfassenden Prinzipien des islamischen Rechts die Hauptquelle für die Gesetzgebung sind, womit den Angehörigen der anderen monotheistischen Religionen die Anwendung ihrer religiösen Gesetzgebung in Fragen des Personenstandes garantiert wird.

2. Bestätigung des demokratischen Systems, das auf freier und direkter Wahl basiert und die zeitgemäße Form der Verwirklichung der Prinzipien der islamischen Beratung darstellt, was Pluralismus, 4 friedlichen Machtwechsel, Festlegung der Zuständigkeiten, Kontrolle der Erfüllung von Aufgaben, Abrechnung mit den Verantwortlichen vor den Volksvertretern garantiert und die Interessen und das allgemeine Wohl der Menschen bei allen Gesetzen und Beschlüssen, die Verwaltung von Staatsangelegenheiten nach dem Gesetz - nach dem Gesetz allein -, die Bekämpfung der Korruption, vollständige Durchsichtigkeit und Verwirklichung des freien Zugangs zu und Austauschs von Informationen verfolgt.

3. Verpflichtung zum System der grundsätzlichen Freiheit des Denkens und der Meinung, bei vollständiger Achtung der Rechte des Menschen, der Frau und des Kindes, Bestätigung des Prinzips des Pluralismus, Respektierung der monotheistischen Religionen und Betrachtung der Staatsbürgerschaft als Gegenstand der Verantwortung in der Gesellschaft.

4. Absoluter Respekt für die Moral der Meinungsverschiedenheit und die Ethik des Dialogs, Notwendigkeit der Vermeidung, jemanden des Unglaubens, Verrats, Missbrauchs der Religion zu bezichtigen, um Trennung, Verwerfung und Feindseligkeit zwischen den Bürgern zu stiften. Anstachelung zu konfessionellem Aufruhr sowie Propagieren von Rassismus sind als Verbrechen gegen das Vaterland zu betrachten. Der ebenbürtige Dialog und der gegenseitige Respekt müssen im Umgang der verschiedenen Bevölkerungsschichten miteinander bekräftigt werden, ohne bezüglich der Rechte und Pflichten zwischen den Bürgern zu unterscheiden.

5. Bestätigung der Verpflichtung auf die internationalen Verträge und Beschlüsse, Festhalten an den kulturellen Errungenschaften in den menschlichen Beziehungen, die mit der toleranten Tradition der arabisch-islamischen Kultur übereinstimmen und mit der langen kulturellen Erfahrung des ägyptischen Volkes in seinen verschiedenen Epochen harmonieren sowie damit, was das Volk an vorzüglichen Beispielen für friedliches Zusammenleben und die Suche nach dem Guten für die ganze Menschheit bot.

6. Umfassendes Streben nach Wahrung der Ehre der ägyptischen Nation und Schutz ihres Nationalstolzes, Bestätigung des vollständigen Schutzes der Andachtsstätten von Angehörigen der drei monotheistischen Religionen, Garantie der freien Verrichtung aller religiösen Riten ohne jegliche Behinderung, Respekt aller Phänomene der Verehrung in ihren verschiedenen Formen, ohne die Kultur des Volkes abzuwerten und seine tief verwurzelte Tradition zu diffamieren, sowie umfassendes Streben nach Schutz der Freiheit des Ausdrucks und der künstlerischen und 5

 

literarischen Kreativität im Rahmen unseres feststehenden kulturellen Wertesystems.

7. Betrachtung der Lehre und wissenschaftlichen Forschung sowie des Eintritts in das Wissenszeitalter als Zugmaschine des zivilisatorischen Fortschritts Ägyptens. Alle Bemühungen müssen darauf konzentriert werden, um das, was uns in diesen Bereichen entging, einzuholen. Alle Kräfte der ganzen Gesellschaft müssen mobilisiert werden, um den Analphabetismus auszulöschen, den Reichtum an Menschen nutzbar zu machen und große zukünftige Projekte durchzuführen.

8. Anwendung des islamischen Prioritätengesetzes bei der Verwirklichung von Wachstumsförderung und sozialer Gerechtigkeit, bei der Konfrontation mit dem Despotismus, bei Bekämpfung der Korruption und Beseitigung der Arbeitslosigkeit, wodurch die Energien der Gesellschaft und ihre schöpferischen Fähigkeiten im ökonomischen Bereich und in den sozialen, kulturellen und Medien-Programmen mobilisiert werden. Dies muss an die Spitze der Prioritäten gesetzt werden, derer sich unser Volk in seiner gegenwärtigen Erhebung annimmt. Gleichzeitig muss echte und ernsthafte Gesundheitsfürsorge als Pflicht des Staats gegenüber allen Bürgern betrachtet werden.

9. Aufbau der Beziehungen Ägyptens zu den arabischen Bruderstaaten, der islamischen Welt, dem afrikanischen und internationalen Kreis, sowie Unterstützung der Rechte des palästinensischen Volkes, Bewahrung der Unabhängigkeit des ägyptischen Willens, Wiedererlangung der historischen Führungsrolle auf der Basis der Kooperation für das gemeinsame Wohl, Verwirklichung der Interessen der Völker im Rahmen von Ebenbürtigkeit und vollständiger Selbständigkeit, Fortsetzung der Beteiligung an den edlen, humanen Bemühungen für den Fortschritt der Menschheit, Umweltschutz, und die Realisierung des gerechten Friedens zwischen den Nationen.

10. Zustimmung zum Projekt der Selbständigkeit der Al-Azhar-Institution und Rückkehr zur „Körperschaft der großen Wissenschaftler“ und ihrer Zuständigkeit für die Nominierung und für die Wahl des Großimams (Scheich Al-Azhar), Einsatz für die Erneuerung der azharitischen Lehrpläne, damit die Al-Azhar ihre ursprüngliche, ehrenvolle geistige Rolle und ihren internationalen Einfluss in den verschiedenen Regionen zurückgewinnt.

11. Anerkennung der ehrwürdigen Al-Azhar als zuständige Institution und Autorität, die man in Angelegenheiten des Islams, seiner 6

 

Wissenschaften, seiner Überlieferung und seiner juristischen und modernen, gedanklichen, selbständigen Interpretationen der Quellen konsultiert, ohne Verweigerung des Rechts der freien Meinungsäußerung für alle, solange die notwendigen wissenschaftlichen Bedingungen erfüllt sind, unter der Bedingung, sich zur Ethik des Dialogs zu verpflichten und zu respektieren, worüber die Rechtsgelehrten der Nation übereinstimmen.

Die Rechtsgelehrten der Al-Azhar und die Intellektuellen, die an der Ausarbeitung dieser Erklärung beteiligt waren, rufen alle ägyptischen Parteien und politischen Richtungen dazu auf, sich für die Mitarbeit am politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt Ägyptens zu engagieren, im Rahmen der grundlegenden Richtlinien, die in dieser Erklärung enthalten sind.

Gott verleiht Erfolg bei der Verwirklichung des Wohles der Nation!

Al-Azhar

Amt des Großimams (Scheich Al-Azhar)

Kairo, den 17. Rajab 1432 H. / 19. Juni 2011  

 

 

Namen der Al-Azhar Wissenschaftler

Namen der Intellektuellen

Großimam der Al-Azhar

Mohammad Hafez Diab

Mahmud Hamdy Zaqzuq

Mustafa Alfaqi

Ahmad Kamal Abulmagd

Nabiel Abdelfattah

Hasan Aschafiie

Samir Murqus

Abdelmuoti Mohammad Baiomi

Mustafa Faried Arrassas

Mohammad Abdelfadiel Alqusi

Gaber Ahmad Osfur

Mahmud Asab

Salah Fadl

Mohammad kamaleddin Imam

Gamal Alqitani

Mohammad Saber Arab

Muhammad Fadel

Amr Abdessamiea Abdallah

Salaheddin Algoharie

Jussuf Alqaied

Hilmi Annamnam

Muhammad Afifie

Bahaa Taher

Sameh Fausi

Niam Albas

Laila Takla

Hamdi Hasan Abulainein

Galal Ahmad Amien

Aiman Fuad Sayed

Assaied Jasien

Salah Fadl

 

2. Erklärung von Al-Azhar und Intellektuellen zur Unterstützung des Willens der arabischen Völker

Die Wahrnehmung der Hochgelehrten der Al-Azhar und ihrer Intellektuellen in Bezug auf die  Bedürfnisse des historischen und entscheidenden Augenblicks, der den arabischen Völkern in ihrem legitimen Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Streben nach Zivilisation begegnet, bezieht sich auf die Inspiration vom Geist der Befreiung in der Scharia des Islam und den Rechtsregeln für die Gesetzmäßigkeit der Autorität und deren Rolle bei der Reform und der Verwirklichung der Ziele und der höchsten Interessen der islamischen Nation. Es gibt eine Übereinstimmung des Standes der Al-Azhar mit den intellektuellen Führern in Ägypten und der arabischen Welt, die Befreiungsbewegungen gegen brutale Kolonisatoren und tyrannische Unterdrücker zu unterstützen, den Glauben an die Notwendigkeit, die islamische Nation zum Einhalten der Mittel der Renaissance und des Fortschritts aufzufordern, die historischen Widrigkeiten zu überwinden, die Rechte der Bürger auf die soziale Gerechtigkeit auf einer soliden Grundlage der Prinzipien der Scharia und deren grundlegenden Lehren zu stellen. dies schließt den Schutzes der Vernunft, der Religion, des Lebens, der Ehre und des Vermögens ein,  die Sperren des Wegs gegen die despotische Autorität wegzuräumen, die der arabischen und islamischen Gesellschaft das Recht verweigert, das Zeitalter des kulturellen Fortschritts und der Wissensentwicklung einzugehen und zur Verwirklichung des wirtschaftlichen Wohlstands und der umfassenden Entwicklung beizutragen.
In Anbetracht all dieser Elemente hat die Gruppe, die das Al-Azhar-Dokument herausgegeben und das Spektrum des Denkens in der ägyptischen Gesellschaft repräsentiert hat, mehrere konstruktive Dialoge über die Errungenschaften der arabischen Revolutionen, an fruchtbarer Interaktion und enger Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bewegungen und Strömungen organisiert und ein paar Prinzipien vereinbart, die aus dem islamischen Denken und den zukünftigen Bestrebungen der arabischen Nationen abgeleitet sind. Unter der Schirmherrschaft der Al-Azhar hat die Gruppe beschlossen, dass es notwendig ist, folgende Grundsätze gemäß dieser Erklärung zu beachten:

Erstens: Die religiöse und verfassungsmäßige Gesetzmäßigkeit der Herrschaftsmacht hängt von der Zustimmung der Menschen und ihrer freien Wahl ab, durch eine faire, transparente und demokratische öffentliche Abstimmung als eine moderne Alternative zur vorherigen Tradition der islamischen Huldigung. Dies geschieht gemäß der Entwicklung der Herrschaftsformen und -verfahren im modernen zeitgenössischen Staat und in Übereinstimmung mit dem, was die Verfassung an Verteilung und definitiver Gewaltenteilung von Legislativ-, Exekutiv- und Justizbehörden und Kontrolle von Aufsichts- und Rechenschaftsmittel entschieden hat, sodass die Nation zur Quelle aller legitimen Mächte sowie zum Gebenden und bei Bedarf Entziehenden der Gesetzmäßigkeit wird. Viele Herrscher pflegten ihre absolute Macht zu befestigen, indem sie folgenden Koranvers falsch interpretierten: „O die ihr glaubt, gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und den Befehlshabern unter euch!“ (Sure 4:59). Sie ignorierten seine klare und offensichtliche kontextuelle Bedeutung in dem vorangehenden Vers, der besagt: „Allah befiehlt euch, anvertraute Güter ihren Eigentümern (wieder) auszuhändigen und, wenn ihr zwischen den Menschen richtet, in Gerechtigkeit zu richten.“ (Sure 4:58). Das macht die Verletzung der Bedingungen der Herrschaftstreue und die Nicht-Durchführung der Gerechtigkeit zu einer legitimen Rechtfertigung für die Menschen,  Gerechtigkeit von ihren Herrschern zu beanspruchen sowie Ungerechtigkeit und Tyrannei zu widerstehen. Rechtsgelehrte, die die Geduld zu einem tyrannischen Herrscher rechtfertigen, um das Wohlergehen der Nation vor dem Chaos zu schützen, erlauben gleichzeitig, einen ungerechten Tyrannen abzusetzen, wenn die Fähigkeit dazu vorhanden ist und es keine Möglichkeit für Schaden oder Beeinträchtigung der Sicherheit der Nation und ihrer Gemeinden gebe.

Zweitens: Wenn die Stimme der nationalen Volksopposition erhoben wird und der friedliche Protest, der das inhärente Recht der Menschen darstellt, ihre Herrscher zum richtigen Weg zu leiten, entsteht, und dann die Herrscher auf den Ruf ihres Volkes nicht reagieren, indem sie die notwendige Reform nicht übernehmen, legitime Forderungen, die Freiheit und Gerechtigkeit verlangen, ignorieren, so werden diese nationalen Opponenten keineswegs als Übergriffe Verübende betrachtet. Die Übergriffe Verübenden sind jedoch diejenigen, deren Eigenschaften in der Rechtswissenschaft so bestimmt wurden, dass sie über Kampfkraft verfügen, sich von den Menschen zurückziehen, Waffen gegen ihre Gegner einsetzen und Unheil auf der Erde mit Gewalt stiften. Was aber die oppositionellen nationalen friedlichen Bewegungen betrifft, so gehören sie zu den Menschenrechten im Islam, so wie sie auch alle internationalen Konventionen bestätigen. Ferner sind sie eine Pflicht für die Bürger, ihre Gesellschaft zu reformieren und ihre Herrscher geradezubiegen. Diese Bewegungen zu erhören, ist eine Pflicht für die Herrscher und die Machthaber ohne Täuschungsmanöver zu reagieren oder hartnäckig zu bleiben.

Drittens: Die Konfrontation jedes friedlichen nationalen Protestes mit bewaffneter Gewalt, Blutvergießen friedlicher Zivilisten wird als Bruch der Herrschaftsabmachung zwischen der Nation und ihren Herrschern betrachtet. Dadurch wird die Gesetzmäßigkeit der Autorität hinfällig und ihr Recht vergeudet, an der Macht einvernehmlich zu bleiben. Wenn die Macht auf Unrecht beharrt, den Weg der Ungerechtigkeit, der Unterdrückung und der Aggression beschreitet und das Blut unschuldiger Menschen vergießt, um ihr illegitimes Bleiben gegen den Willen ihres Volkes zu bewahren, wird die Autorität schuldig an Verbrechen, die ihre Legitimität beeinträchtigen. Es ist dann das Recht der unterdrückten Völker, diese tyrannischen Herrscher zu stürzen und sie zur Rechenschaft zu ziehen. Sie können sogar das gesamte Regime ändern, wie auch immer die Vorwände, die nach der Stabilität oder der Begegnung von Störungen und Verschwörungen streben, sein mögen.

Das Vergießen unantastbaren Blutes ist die entscheidende Grenze zwischen der Gesetzmäßigkeit der Herrschaft und der Sünde und Aggression. In diesem Fall sollten die organisierten Armeen in all unseren Ländern ihre verfassungsmäßigen Pflichten einhalten, die Heimat vor äußeren Bedrohungen zu schützen und nicht zu einem Instrument der Einschüchterung und der Unterdrückung der Bürger oder des Blutvergießens im Inneren werden. „Wer ein menschliches Wesen tötet, ohne (dass es) einen Mord (begangen) oder auf der Erde Unheil gestiftet (hat), so ist es, als ob er alle Menschen getötet hätte. Und wer es am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhält.“ (Sure 5:32)

Viertens: Die Revolutions-, Erneuerungs- und Reformkräfte sollten gänzlich alles vermeiden, was zum Blutvergießen führen könnte. Sie müssen sich vor äußeren Mächten schützen, unabhängig von ihren Ursprüngen, Vorwänden oder Begründungen, die für die Einmischung in die Angelegenheiten ihrer Länder und Nationen gegeben sind. Sonst  sind sie Übergriffe Verübende, die gegen ihre Nationen rebellieren und gegen die Gesetzmäßigkeit ihrer Länder stoßen. In diesem Fall müssen die Behörden sie zur nationalen Einheit zurückführen, die die primäre Pflicht und die oberste Verpflichtung darstellt. Die Revolutions- und Erneuerungskräfte sollten sich miteinander dazu vereinen, ihren Traum von Gerechtigkeit und Freiheit zu erreichen. Sie sollten konfessionelle, ethnische, ideologische und religiöse Konflikte vermeiden, um ihre nationale Bindung zu bewahren und die Rechte der Staatsbürgerschaft zu respektieren. Ebenso sollten sie sich zusammenschließen, um einen demokratischen Wandel zugunsten aller Menschen im Rahmen der nationalen Zustimmung und Harmonie zu erreichen. Dieser Wandel sollte auf den Bau der Zukunft auf der Grundlage der Gleichberechtigung und der Gerechtigkeit abzielen. Darüber hinaus muss die Revolution sich nicht in konfessionelle oder ideologische Gewinne verwandeln oder religiöse Empfindlichkeiten hervorrufen. Vielmehr sollten die Revolutionäre und Reformatoren die Institutionen in ihren Ländern bewahren, ihre Schätze nicht vergeuden oder zu Gunsten auf materielle Vorteile lauernde Menschen nachlässig sein. Sie sollten auch vermeiden, in die Falle der Streitigkeiten und der Konkurrenzen zu geraten oder sich durch Mächte stärken, die darauf abzielen, die Ressourcen ihrer Länder zu erschöpfen.

Fünftens: Auf der Grundlage dieser islamischen und verfassungsmäßigen Prinzipien, die das kulturelle Bewusstsein ausdrücken, erklären die Al-Azhar-Gelehrten und Führer des Denkens ihre volle Unterstützung gegenüber dem Willens der arabischen Völker hinsichtlich der Erneuerung, der Reform und der Gesellschaft der Freiheit, der sozialen Gerechtigkeit, die in Tunesien, Ägypten und Libyen gesiegt hat, während der Kampf noch in Syrien und Jemen ausbrach. Sie verurteilen die brutalen Instrumente der Repression und fordern die muslimischen und arabischen Gemeinden auf, entscheidende und wirksame Initiativen zu ergreifen, um ihren Erfolg mit minimalen Verlusten zu sichern und das absolute Recht der Völker bei der Wahl ihrer Herrscher und ihrer Pflicht zu garantieren, diese geradezurichten, um Tyrannei, Korruption und Ausbeutung abzuwehren. Die Gesetzmäßigkeit einer Autorität unterliegt dem Willen des Volkes. Ferner garantiert die islamische Gesetzgebung das Recht des unbewaffneten friedlichen nationalen Widerstands, um Schaden zu beseitigen. Der friedliche Widerstand ist auch eines der grundlegenden Menschenrechte, die in allen internationalen Abkommen verankert sind.

Sechstens: Die Al-Azhar-Gelehrten zusammen mit der Gruppe der Intellektuellen fordern die arabischen und islamischen Regime auf, freiwillig an der politischen, sozialen und verfassungsmäßigen Reform zu arbeiten und die Schritte des demokratischen Wandels zu beginnen. Das Erwachen der unterdrückten Völker ist unvermeidlich. Kein Herrscher kann nun seinem Volk das Licht der Freiheit verdecken. Es ist doch eine Schande, dass die arabische Region und einige islamischen Länder, im Gegensatz zu anderen Ländern der Welt, noch in den Grenzen der Rückständigkeit, des Zwangs und der Tyrannei bleiben. Dies wird dem Islam und seiner Kultur, die an dieser bösartigen Behauptung unschuldig ist, fälschlicherweise zugeschrieben. Diese Länder sollten sich sofort darum bemühen, die Gründe der wissenschaftlichen Renaissance, des technologischen Fortschritts und der Wissensproduktion zu berücksichtigen und in ihre menschlichen und natürlichen Ressourcen investieren, um ihren Bürgern zu dienen und das Glück für alle Menschen zu verwirklichen.

Keiner von denen, die Unterdrückung und Tyrannei unterstützen, sollte glauben, dass er vor dem Schicksal des Unrechts gefeit ist, oder dass er das Volk irreführen kann. Das Zeitalter der freien Kommunikation, der Wissensexplosion, der Vorherrschaft der leuchtenden religiösen und kulturellen Prinzipien sowie der Aufopferungsmodelle, die in der arabischen Welt zu sehen sind, macht das Erwachen der Menschen zu einer glühenden Flamme, die Freiheit zu einer Fahne und die Hoffnung unterdrückter Völker zu einem Motiv, das ihren anhaltenden Kampf zum Sieg führt. Diejenigen, die der Religion unkundig sind, die Lehren des Islam verfälschen und zur Tyrannei, Ungerechtigkeit und Unterdrückung aufrufen, sollten sich dieser vergeblichen Absurdität enthalten. „Und Allah ist in Seiner Angelegenheit überlegen. Aber die meisten Menschen wissen nicht.“ (Sure 12:21)

O Allah! Wir bitten Dich um eine Barmherzigkeit, mit der Du unsere Herzen rechtleitest, unsere Einheit umfasst und den Versuchungen an uns Einhalt gebietest.

3. Dhu-l-Hidscha 1432/ 30. Oktober 2011

Ahmad at-Tayyeb

Großscheich der Al-Azhar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Namen Allahs des Allerbarmers des Allbarmherzigen

Al-Azhar

Büro des Sheichs der al-Azhar

 

Erklärung der al-Azhar und der Intellektuellen zum System der grundlegenden Freiheiten

 

Nach den Befreiungsrevolutionen, welche Freiheiten gaben und umfassenden Aufschwung für die verschiedenen Schichten verkündeten, richten die Ägypter und die arabische islamische Gemeinschaft den Blick auf die Gelehrten und die intellektuellen Denker der Gemeinschaft und, um die Beziehung zwischen den gesamten Prinzipien der islamischen großmütigen Scharia und dem System der grundlegenden Freiheiten zu bestimmen. Dieses Freiheitssystem ist aus den internationalen Verträgen abgestimmt worden und hat nun zur Folge, die Kultur des ägyptischen Volke und seine Grundeinheiten damit zu verankern und die Bedingungen zu bestimmen, welche den Fortschritt schützen  und Horizonte der Zukunft kundtun. Diese Freiheiten sind in bestimmte Bereichen aufgeteilt:  Freiheit des Glaubens, der Stellungnahme und der Meinungsäußerung, der wissenschaftlichen Untersuchung und zuletzt der literarischen künstlerischen Kreativität. Sie stehen auf einer stabilen Grundlage der Befolgung der Absichten der Scharia, der Wahrnehmung der Ziele des neuen Verfassungsgesetzes und der Voraussetzung des menschlichen wissenschaftlichen Fortschritts. Dabei wird die seelische Leistung des Landes zu einer Anregung zum Fortschritt und zu einem  Grund für den materiellen und moralischen Aufstieg in einer fortgesetzten Leistung, bei der der kulturelle und religiöse Diskurs einer fruchtbaren zukünftigen Ordnung mit den Zielen zusammengebracht werden.

Ausgehend davon hat eine Gruppe azharitischer Gelehrter und ägyptischer Denker, die das erste Azhar-Dokumentherausgegeben und folglich eine Erklärung zur Unterstützung der Bewegung der arabischen Brüdernationen zu Freiheit und Demokratieabgegeben hat, ihre Tätigkeit fortgesetzt und gemeinsam studiert, was die geistigen Gemeinsamkeiten in Bezug auf das System der Freiheiten und der Menschenrechte sein können. Ausgehend von den Voraussetzungen des historischen Momentes und achtend auf das Wesen der sozialen Kooperation und des Gemeinwohls in der demokratischen Wende gelangte diese Gruppe zur gesamten Anerkennung der Prinzipien und regierenden Vorstellungen dieser Freiheiten. Somit kann sich die Nation nach der Bildung ihrer Verfassungsorgane einträchtig und gemäßigt daran orientieren, ohne die einigen parteiischen Anrufungen verbreiten zu lassen. Diese Anrufungen werden zum Vorwand des Aufrufs der Verbreitung von Tugendhaftigkeit und der Verhinderung von Lastern benutzt, um sich in die allgemeinen und privaten Freiheiten einzumischen, was zu dem kulturellen und sozialen Fortschritt für Ägypten nicht passt. In dieser Zeit braucht das Land Ägyptens die Einigkeit und das richtige Verstehen der Religion, das als religiöse Botschaft der Azhar und ihrer Verantwortung für die Gemeinschaft und das Heimatland zu betrachten ist. 

  1. Freiheit des Glaubens: Die Glaubensfreiheit und das Recht der vollkommenen Bürgerschaft für alle gehört zu dieser Freiheit gehört, sie basiert auf der vollständigen Gleichheit der Rechte und Pflichten, sie  gelten als Grundstein des Aufbaus der modernen Gesellschaft. Diese Freiheitist durch die religiösen Texte und die rechtlichen Grundzüge der Verfassung gewährleistet. Allah sagt: "Es gibt keinen Zwang in der Religion. Der richtige Wandel unterscheidet sich nunmehr klar vom „Irrweg" und „Wer nun will, möge glauben, und wer will, möge ungläubig sein". Daraus folgt der Schuldspruch jeder Form des Religionszwangs und der Diskriminierung, da jeder der Gesellschaftsmitglieder das Recht hat, daran zu glauben, was er will, ohne gegen das Gesellschaftsrecht zu verstoßen, heilige Religionen zu schützen. Die drei heiligen Religionen haben ihre Heiligkeit und die Individuen haben das Recht, ihre Rituale ohne jegliche Aggression oder Verletzung ihrer Heiligkeit und des allgemeinen Systems auszuüben.

Die arabische Welt galt als die Wiege der Religionen, war verantwortlich für Haltung, Respekt ihrer Rituale und Unterstützung der Rechte der Gläubigen in Freiheit, Ehre und Brüderschaft.

Aus dem Recht der Glaubensfreiheit ergeben sich die folgenden Konsequenzen, nämlich Zustimmung zur Berechtigung der Vielfalt, Achtung des Rechts auf Uneinigkeit. Auch muss jeder Bürger auf die Gefühle der anderen achten. Es muss Gleichheit zwischen den Bürgern auf einer stabilen Grundlage der Bürgerschaft, Partnerschaft und Chancengleichheit in allen Rechten und Pflichten realisiert werden.

Außerdem folgt aus diesem Recht, dass man jede Tendenz zur Verdrängung, der Vorwürfe zum Unglauben der anderen und jede Richtung ablehnt, die den Glauben der anderen beschuldigt. Auch ist jeder Versuch zurückgewiesen, der die Absichten der Anderen bezüglich des Glaubenskennen will. Dies ist nicht nur in Verfassungsgesetzen, sondern auch in den klaren Urteilen des Islam zu verstehen, die der Überlieferung des Propheten zu entnehmen sind: Auch wird es von dem Imam al madina al munawara "Imam Malik" und den anderen Gelehrten bestätigt. Der Imam sagt: "Wenn es hundert Beweise für Nicht-Glauben einer Person und nur einen Beweis für seinen Glauben gibt, , dann ist diese Person als Glaubender zu betrachten". Die Gelehrten der Gesetzgebung legen einen großen Wert auf Verstand im Islam. Sie haben uns ihr Prinzip hinterlassen: "Wenn der Verstand den Überlieferungen widerspricht, dann steht er im Vordergrund und die Überlieferung wird gedeutet", um das Wohl in Erwägung zu ziehen und die Absichten der Scharia zu berücksichtigen. 

  1. Freiheit der Stellungnahme und der Meinungsäußerung: Dies ist als die bedeutendste Freiheit zu betrachten. Unter dieser Freiheit versteht man die verschiedenen Mittel der Meinungsäußerung, wie z. B. Schreiben, Vortragen, künstlerische Produktion und digitale Kommunikation. Sie gilt als Bild der sozialen Freiheiten, nicht nur für Individuen sondern auch für Gruppen, wie Parteien und Verbände der Zivilgesellschaft. Sie umfasst auch die Freiheit der Presse, Medien (Audio, visuell, digital) und die der notwendigen Informationserhaltung, um die Meinung zu äußern. Sie muss durch die Verfassungsgesetze gewährleistet sein, die sich über die anderen veränderten Gesetze erheben. Das Verfassungsgericht in Ägypten ist damit einverstanden, die Bedeutung der Freiheit der Meinungsäußerung zu erweitern, um konstruktive Kritik zu ermöglichen, auch wenn sie als scharfe Kritik zu bezeichnen ist. Das Gerichtlegt fest: "Die Freiheit der Meinungsäußerung bezüglich der allgemeinen Angelegenheiten sollte mit Toleranz geübt werden, da sie nicht allgemein streng behandelt werden". Es ist aber notwendig, dass wir darauf aufmerksam machen, dass die Glaubenslehren der drei heiligen Religionen und deren Ritualen respektiert werden müssen, da dies für die nationale Bindung und Sicherheit von großer Bedeutung ist. Die zivilen und sektiererischen Unruhen sollten nicht unter dem Namen der Freiheit agieren. Jedoch gewährleistet die Freiheit der Meinungsäußerung das Recht der Bemühung um wissenschaftliche Meinung, die unter einem Beweis in einer Fachrichtung ohne jeglichen Aufruhr zu stehen.

Die Anwesenden erklären, dass die Freiheit der Meinungsäußerung die tatsächliche Form der Demokratie ist. Die neuen Generationen sollten nach der Kultur der Freiheit, dem Recht auf Differenz und dem Respekt de anderen gegenüber aufgewachsen werden. Diejenigen aus den Bereichen des religiösen, kulturellen und politischen Mediendiskurses sind aufgefordert, diesen Aspekt zu betrachten. Sie sollen auch dem Prinzip folgen, eine allgemeine Meinung zu bilden, die von der Toleranz und der weiten Perspektive geprägt ist und die zum Dialog und zur Ablehnung des Fanatismus neigt. Um diese zu verwirklichen, sollte an den kulturellen Traditionen des islamischen Denkens festgehalten werden. Darüber äußern die großen Gelehrten:"Meine Meinung ist richtig, aber könnte falsch sein und die Meinung des anderen ist falsch, aber könnte richtig sein". Um die Freiheit der Meinungsäußerung zu bewahren, sollte auf das Argument mit dem Argument gemäß den Regeln des Dialogs und den kulturellen Traditionen in den hochgebildeten Gemeinschaften reagiert werden.

  1. Freiheit der wissenschaftlichen Untersuchung: Die ernsthafte wissenschaftliche Untersuchung in Bereichen der Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, mathematischer Wissenschaften usw. ist als Führer des menschlichen Fortschritts sowie Mittel zur Entdeckung der Welt und zum Wissen deren Regeln zum Wohlstand der Menschheit zu betrachten. Diese Untersuchung kann nur vollständig und fruchtbar sein, wenn die Nation ihr die Möglichkeiten zur Leistung und dem entsprechenden Vermögen widmet. Die quranischen Texte haben die Menschen zum Denken, zur Überlegung, zur Deduktion, zur Analogie und zum Nachdenken über die weltlichen und menschlichen Phänomene angetrieben, um ihre Regeln zu entdecken. Darüber hinaus hat die Freiheit der wissenschaftlichen Untersuchung den Weg für den größten Aufschwung in der Geschichte des Ostens geebnet, der verwirklicht wird und den Menschen in aller Welt glücklich macht. Dieser Aufschwung wurde von den Gelehrten des Islam geleitet und – wie bekannt ist – auf den westlichen Aufschwung übertragen, um davon zu profitieren. Wenn das Denken im Allgemeinen als islamische Pflicht in allen Wissenschaften und Künsten angesehen wird, so wird die wissenschaftliche Untersuchung (theoretisch und empirisch) zu einem Mittel dieses Denkens. Die wichtigsten Bedingungen dieser Untersuchung sind, dass die Forschungseinrichtungen und Fachwissenschaftler vollständige akademische Freiheit für die Durchführung der Experimente und Stellung der Hypothesen und ihre Überprüfung durch wissenschaftliche exakte Kriterien haben. Diese Einrichtungen haben das Recht, die Vorstellung und die genügende Erfahrung zu erlangen, die neue Ergebnisse ermöglichen und als Ergänzung des menschlichen Wissens zu betrachten sind. Dabei haben sie keine Anweisungen außer der Wissenschaftsethik, der Methoden und Grundlagen der Wissenschaft.

Die großen muslimischen Gelehrten, wie al-Razi, Ibn al-Haitham und Ibn an-Nafis  und andere waren Führer des wissenschaftlichen Wissens für mehrere Jahrhunderte in aller Welt. Die Zeit ist jetzt gekommen, dass die arabische und islamische Nation den Wettbewerb der Macht wiederaufnimmt und am Zeitalter des Wissens teilnimmt, da die Wissenschaft als Quelle der militärischen und ökonomischen Macht und Grund des Fortschritts, der Entwicklung und des Wohlstands anzusehen ist. Auch entwickelt sich die freie wissenschaftliche Untersuchung zum Schwerpunkt  der Bildung, Herrschaft des wissenschaftlichen Denkens und Aufschwung der Produktion. Dafür wird der große Haushalt eingerichtet, Arbeitsgruppen gebildet und große Projekte vorgeschlagen, etc...,  die das größte Niveau der wissenschaftlichen und menschlichen Forschung  gewährleiten. Wäre der Aufschwung von Japan, China, Indien, Südwestasien, als gutes Beispiel für die Fähigkeit des Ostens zum Aufbrechen des Monopols und zum Eindringen in das Zeitalter der Wissenschaft und des Wissens nicht vorhanden, so wäre der Westen imstande, jede wissenschaftliche Entwicklung zu beherrschen und den wissenschaftlichen Fortschritt zu monopolisieren. Die Zeit ist gekommen, dass Ägypter, Araber und Muslime in einem wissenschaftlichen und kulturellen Wettbewerb stehen.

Sie haben insbesondere seelische, materielle und menschliche Stärken sowie andere Entwicklungsvoraussetzungen, die sie in einer Welt qualifizieren, in derdie Schwächeren und die Rückständigen eigentlich nicht respektiert werden.

  1. Freiheit der literarischen künstlerischen Kreativität: Die Kreativität ist in drei Arten klassifiziert:
  • Wissenschaftliche Kreativität, die – wie es vorher erwähnt wird - mit der wissenschaftlichen Untersuchung verbunden ist.
  • Literarische Kreativität, die die verschiedenen literarischen Gattungen umfassen, wie Lyrik, Drama, Erzählung, Novelle, Theaterstücke, Biografie, bildende Kunst, Filmkunst, Musik und andere moderne Formen in allen diesen Bereichen.

Literatur und Kunst im Allgemeinen erzielen die Entwicklung der Wahrnehmung des Tatbestandes, Entwicklung der Fantasie und ästhetische Empfindung, Ausbildung der menschlichen Sinneswahrnehmung sowie Vertiefung ihrer Kenntnisse und der menschlichen Erfahrung in Leben und in der Gesellschaft. Außerdem kritisieren sie manchmal die Gesellschaft und streben nach ihrem  Besten. Diese sind hochwertige Funktionen, die tatsächlich zur Bereicherung der Sprache und Kultur, zur Aktivierung der Fantasie und zur Entwicklung des Denkens unter Berücksichtigung der höchsten religiösen Werte und der moralischen Tugenden führen.

Die arabische Sprache ist durch ihre literarische Bereicherung und der ihr zuerkannten Rhetorik gekennzeichnet, und deswegen wurde der heilige Koran in als ein Höhepunkt der Redekunst und Wunder offenbart. Daraus folgt, dass die Ästhetik der arabischen Sprache gesteigert und ihre Merkmale hervorgehoben wurden. Der Koran hat wiederum Dichtkunst, Lyrik und Weisheit in ihrer Ästhetik geprägt, begabte Dichter und Schriftsteller aus verschiedenen Stämmen nahmen die islamische Religion an und sprachen die arabische Sprache. Es gab dann in allen Kunstarten Freiheit in allen Zeitaltern. Viele Gelehrte und Imame, die für die arabische islamische Kultur sorgten, warenführende Dichter und Lyriker in allen ihren Kunstformen. Das Grundgesetz, das die Richtlinien der Freiheit der künstlerischen Kreativität regelt, stellt einerseits das Potenzial der Gesellschaft und andererseits die Fähigkeit der Gesellschaft, an der alte Überlieferung der literarischen künstlerischen Kreativität festzuhalten. Diese Freiheit soll berücksichtigt werden, solange sie die religiösen Gefühle nichtverletzt oder den stabilen moralischen Prinzipien widersteht. Die Freiheit der literarischen künstlerischen Kreativität stellt die wichtigste Form des Aufschwungs des Freiheitssystems da, erregt das Gesellschaftsbewusstsein und bereichert ihrer Gefühle. Am Grad der Freiheit lässt sich der Beweis ihrer Zivilisation messen. Literatur und Kunst sind als Spiegel des Gesellschaftsbewusstseins und auch als wahrer Ausdruck Grundlagen und Variablen. Literatur und Kunst geben ein klares Bild ihrer Erwartung in einer besseren Zukunft und Allah ist die Quelle des Guten und der Stärke.

Ausgestellt am: Scheichtum al-Azhar 14.02.1433 n. H./08.01.2012 n. Chr.

Scheich al-Azhar: Ahmad At-Tayyeb

 

 

4. Erklärung der Azhar zur Vervollständigung der Ziele der ägyptischen Revolution und zur Wiederherstellung ihres Geistes

In einer nationalen Initiative der Azhar und mit der Teilnahme des Kabinetts, der Nationalen Ägyptischen Kirche und der Volksführer und an diesem historischen Tag, dem ersten Jahrestag der ägyptischen Revolution: Diese hatte die Welt mit ihren beispiellosen Eigenschaften, ihrer friedlichen Natur beeindruckt, ihr Streben nach der ägyptischen nationalen Einigung aller seiner Männer und Frauen, ihrer Verwendung der aktuellsten Mittel der globalen Kommunikation, um ihr erstes revolutionäre Ziel zu erreichen, nämlich die Befreiung Ägyptens von einer Epoche, die durch Korruption, Schwäche, Unterdrückung und Ungerechtigkeit gekennzeichnet war. Ägypten kehrt zu dem Ort zurück, an dem die Geburt der Revolution und der Aufopferung der aufrichtigen nationalen Jugend stattgefunden hat, die ihre Seelen für Ägypten aufopferten – am Tahrir-Platz, dessen arabische Buchstaben in alle Sprachen der Welt eingetragen wurden und der viele Völker des Ostens und des Westens durch seinen demokratischen Geist beeinflusst hat..

Heute: Ägypten - des Tahrir-Platzes, des Parlaments, der Armee, des Volkes, der Regierung, der Al-Azhar, der Heimat; Ägypten des arabischen Nationalismus, des Islam, des Christentums, der Geschichte und des Erbes, der Gegenwart und der Zukunft, der wahren Religiosität und der integrierten Bürgerfreiheiten -Ägypten betrachtet die ganze Welt mit seinem edlen revolutionären Gesicht und erklärt diese nationalen Verpflichtungen:

  1. die Einhaltung des Geistes dieses Platzes, wie es während der 18 Tage, die den Lauf der ägyptischen Geschichte veränderten und alle Bürger des Landes zusammenbrachten, der Fall ist.
  2. den nationalen Bund - unter allen bisherigen Werten -, um die Ziele der Revolution des 25. Januar zu vervollständigen.
  3. die nationale Vereinbarung zur Aufrechterhaltung aller Komponenten dieses Landes, ohne Übermacht, Vorherrschaft, Ausschluss oder Parteilichkeit.
  4. das Verfassungsrecht des Bürgers vor seinem natürlichen Richter zu bestätigen, Militärgerichte für Zivilisten zu verhindern und alle politischen Gefangenen freizulassen.
  5. Beschleunigung der Verfolgung von beschuldigten korrupten Personen in einer Weise, die Recht, Gerechtigkeit und Fairness nicht beeinträchtigt.
  6. Vollendung der Erfüllung der Rechte der Familien von Märtyrern und Verletzten hinsichtlich der Behandlung, Entschädigung, Arbeit und Vollpflege.
  7. Stattliche Institutionen aufzubauen und den Zivilisten die Macht in ihrem festgesetzten Termin ohne Verzögerung zu übergeben.
  8. die Ergebnisse der fairen freien Wahlen einzuhalten und die Zusammenarbeit zwischen allen Jugendlichen der Revolution und den gewählten nationalen Volksvertretern zu fördern, um die Zukunft Ägyptens unter dem Dach der Demokratie und auf der Grundlage der parlamentarischen Legitimität und der nationalen Übereinkunft zu bauen.
  9. Beseitigung der Auswirkungen der repressiven Politik und der umfassenden Korruption, unterstützt durch ernsthaftes Arbeiten am Aufbau einer starken ägyptischen Wirtschaft, die alle Fähigkeiten Ägyptens investiert und Gerechtigkeit für alle seine Bürger schafft.
  10. die Rückkehr Ägyptens zu seiner nationalen Rolle als eine führende regionale Macht und der Beitrag zur internationalen Politik durch eine freie Entscheidung ohne jede Abhängigkeit oder Parteilichkeit.
  11. die Rückkehr der nationalen Armee, nämlich des Aktivpostens des Landes und des Schützers seiner Revolution - zu ihrer Rolle bei der Verteidigung der Grenzen Ägyptens und seiner nationalen Sicherheit.
  12. die Energie des Volkes freizugeben, vor allem die der eifrigen revolutionären Jugend, für den Aufbau der Gesellschaft und des Staates, die Bekämpfung von Rückständigkeit, Armut, Krankheit und Unwissenheit sowie Förderung der politischen, wirtschaftlichen und moralischen Entwicklung Ägyptens, damit es das helle Beispiel für die Nation der Araber und der Muslime sein wird.

Und Allah ist der beste Zeuge und Er ist unsere Genüge, und wie trefflich ist der Sachwalter!

 

Al-Azhar-Scheichtum

17. Safar 1433 n. H/11. Januar

Ahmad At-Tayyeb

Großscheich der Al-Azhar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5- Erklärung über Jerusalem

 

In der letzten hat sich das Tempo des zionistischen Judaisierens in der Stadt Jerusalem erhöht. Die zionistischen Angriffe gegen die islamischen Heiligtümer an diesem Ortnehmen zu, vor allem gegen die gesegnete Al-Aqsa-Moschee,  während die zionistischen Projekte um die Gefährdung der Umrisse der heiligen Moschee wetteifern. Das letzte dieser Projekte ist der Jerusalem-Zug. Hierbei gibt die ehrwürdige al-Azhar, Zentrum  islamischen Wissens und Beschützer der Grenzen der islamischen Gemeinschaft und deren rechtlichen nationalen oder islamischen Angelegenheiten, folgende Erklärung ab:

 

Erstens:

Das Arabertum von Jerusalem hat eine große verankerte Geschichte, die sich auf mehr als 60 Jahrhunderte beläuft. Es geht auf die arabischen Jebusiter 4.000 v. Chr. zurück, das heißt 21 Jahrhunderte vor der Zeit des Vaters der Propheten Abraham (Friede sei mit ihm!), 27 Jahrhunderte vor dem Auftreten des Judentums, dem Gesetz Mose (Friede sei mit ihm!).

 

Zweitens:

Das Gesetz Mose und die Thora taten in Ägypten auf, wo man damals Hieroglyphe schrieb, bevor die Kinder Israels das kanaanäische Land eroberten, eben vor mehr als 100 Jahren vor dem Erscheinen der hebräischen Sprache. Daher hat weder das Judentum noch das Hebräische ursprünglich etwas mit Jerusalem oder mit Palästina zu tun.

 

Drittens: 

Das Hebräertum in Jerusalem dauerte danach nicht mehr als 415 Jahre und zwar zur Zeit Davids und Salomos (Friede sei mit ihnen!) im 10. Jahrhundert v. Chr.. Das war deshalb ein vorübergehendes Vorhandensein, das 30 Jahrhunderte nach der Gründung des arabischen Jerusalem in Erscheinung trat.

 

Viertens:

Da die Geschichte Jerusalems voller Eroberungen und Eroberer ist, betont die Lehre aus der Geschichte immer, dass alle Eroberer  sich immer wieder bemühten, die Stadt für sich allein zu nehmen und unter Ausschluss der Anderen. Dies taten die Babylonier, Gallier, Römer, Kreuzfahrer und später die Zionisten, die den gleichen Weg der jeweiligen Eroberer beschreiten. Sie versuchen derzeit Jerusalem zu judaisieren und für sich allein zu einzunehmen, das darin vorhandene arabische Dasein aufzuheben. Das haben auch die Eroberer davor getan. Allein der Islam hat sich dadurch ausgezeichnet, dass er alle Gesetzesreligionen und Glaubensrichtungen anerkannt und alle Heiligtümer respektiert hat. Allein hat er auch betont, dass diese Stadt heilig ist und hat dies unter allen Anhängern der Religionen und Glaubensrichtungen bekanntgegeben. Dies ließ und lässt bis heute sagen, dass die arabische Herrschaft über Jerusalem eine Garantie für die Interessen aller Parteien darstellt. Jerusalem bleibt daher im Schatten der arabischen Herrschaft – immer – als die Stadt Allahs mit offenen Türen für alle Geschöpfe Allahs.

 

Fünftens:   

Die Monopolisierung Jerusalems durch die Judaisierung aufgrund zeitgenössischer Angriffe gelten als  Bruch der internationalen Abkommen, Gesetze und Gewohnheitsrechte,  die irgendeine Änderung der besetzten Gebiete hinsichtlich der Natur des Landes, der Bevölkerung und der Identität verbieten und diesfür Verbrechen erklären. Dieser Judaisierung von Jerusalem fehlt es also an Legitimität. Überdies steht sie mit den historischen Fakten in Widerspruch, die das Arabertum von Jerusalem seit ihrer Gründung durch die Jebusiter, also vor 60 Jahrhunderten, betonen.

 

Sechstens:

Da die ehrwürdige al-Azhar – und dahinter stehen alle Muslime im Osten und im Westen – diese Projekte ablehnt, warnt sie das zionistische Dasein und die auf dessen Seite stehenden Mächte vor den Folgen, die den Frieden des Gebietes und sogar den der ganzen Welt gefährden. Al-Azhar erinnert es daran, dass die Kreuzfahrer größere Gebiete besetzt haben als das, was der Zionismus heutzutage besetzt. Ferner stand Jerusalem unter der Besetzung der Kreuzfahrer für viele Jahre, mehr als das Doppelte der Besatzungsjahre seitens des unterdrückenden Zionismus. Trotzdem ging die Geschichte weiter. Die Besatzung wurde aufgehoben und die Wirkungen der Aggression gegen die Rechte und Heiligtümer wurden beendet.

Die Zionisten, die sich bei ihrem Versuch der Judaisierung von Jerusalem auf  die tyrannischen westlichen imperialistischen Mächte stützen, riskieren dadurch die Zukunft der Juden selbst und überschreiten alle Grenzen der islamischen Gemeinschaft, deren Bevölkerung sich auf das Viertel der Menschheit beläuft. Sie ist eine Gemeinschaft, die - an einem baldigen Tag - imstande ist, ihre entzogene Rechte zurückzubekommen.

Jerusalem ist nicht ein normales besetztes Gebiet; vielmehr stellt es in erster Linie ein islamisches und christliches Heiligtum dar. Die Frage ist nicht eine nationale palästinensische bzw. regionale arabische; vielmehr geht es um eine dogmatische islamische Frage. Während die Muslime zur Befreiung Jerusalems aus den Händen der zionistischen Usurpatoren kämpfen, zielen sie auf eine Verstärkung der Heiligkeit von Jerusalem ab:

Man muss alle Besitzer der Heiligtümer dabei unterstützen, um sie von dem israelischen Egoismus und der zionistischen Judaisierung zu befreien.

Al-Azhar appelliert an alle Freidenker in der ganzen Welt, das arabische Recht auf Befreiung Jerusalem und Palästina zu unterstützen. Sie lädt auch die weisen Juden dazu ein, eine Lehre aus der Geschichte zu ziehen, die ein Zeuge der Verfolgung an jedem Ort war, in dem die Juden sich niederließen, außer in den Gebieten des Islam und im Schatten der Kultur der Muslime.

Al-Azhar betont nochmal, dass die Judaisierung von Jerusalem und die Aggression gegen die Merkmale des heiligen sakrosankten Gebietes gegen ein Tabu verstoßen. Gleichzeitig dient dies als Anfang des Endes des zionistischen Daseins in Palästina.

In der Vergangenheit bestimmte [der Sultan] Saladin die Methode zur Befreiung Jerusalems, als er dem Kreuzkönig Richard Löwenherz Folgendes schrieb: "Denke nicht daran, dass wir eines Tages auf Jerusalem verzichten werden. Wir werden – als eine muslimische Gemeinschaft – auf keines unserer Rechte darin verzichten. Allah lässt euch keinen einzigen Stein in diesem Land bauen, solange es Dschihad gibt."

Die Geschichte bestätigte dann die Worte Saladins. Es ist jedem verständigen Mensch wohl bekannt, dass es in der Geschichte unveränderliche göttliche Gesetze gibt:

 

Allah sagt: "Und Allah ist in Seiner Angelegenheit überlegen. Aber die meisten Menschen wissen nicht." (Sure 12:21)     

Allah sagt: "Und diejenigen, die Unrecht tun, werden erfahren, was für eine Rückkehr sie haben werden." (Sure 26: 227)

 

 Azhar-Scheichtum, am 24. Dhu-l-Hidscha 1432 nach Hedschra, entsprechend dem 20. November 2011

 

Der Großscheich der Azhar:

 Ahmad At-Tayyeb   

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